10.05.2024

Impuls der Woche

Wandlung

Fronleichnam – schon das Wort klingt alt und befremdlich.

Wer noch etwas damit anfangen kann, erinnert sich vielleicht an festliche Prozessionen, bunten Fahnenschmuck, Blumenteppiche und Gesang. „Ein Haus voll Glorie schauet“, „Großer Gott, wir loben Dich“. Stolz zogen Katholiken durch die Straßen, um ihren Glauben zu zeigen oder Brauchtum zu pflegen. Vor langer Zeit wohl noch bewundert, später überwog eher Irritation, vielleicht auch Ablehnung, heute überwiegt größtenteils Nichtbeachtung.

 

Der Ursprung des Fronleichnamfestes soll auf die Überlieferung des Blutwunders von Bolsena aus dem 13. Jahrhundert zurückgehen. Einem Priester auf dem Weg nach Rom kommen während der Messe Zweifel an der Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi, da beginnt die Hostie zu bluten. Das Altartuch mit den Blutstropfen wird dem Papst überreicht, der darauf das „Hochfest des Leibes und Blutes Christi“ für die ganze Kirche einsetzt. In der Kathedrale von Orvieto wird diese eucharistische Reliquie bis zum heutigen Tag beherbergt. Wahrscheinlicher ist die Herkunft des Festes aus dem flämisch-französischen Raum, ausgehend von der Vision einer Ordensfrau, ebenfalls im 13. Jahrhundert.

Es ist die Zeit einer großen Wandlung in den Ausdrucksformen des Glaubens, die sich auch in der (Bau-)Kunst widerspiegelt. Auf einmal baut man keine dunklen, burgartigen romanischen Kirchen mehr mit kleinen Fensterluken, sondern hochaufragende, lichte, mit bunten Glasfenstern versehene gotische Kathedralen. Die kostbaren Reliquien werden aus den unterirdischen Krypten hervorgeholt und gut sichtbar im Chor der Kirche aufgestellt, wie zum Beispiel der goldene Schrein der Hl. Drei Könige im Kölner Dom. Der Glaube soll sichtbar sein und dadurch neu erfahrbar werden. Christus am Kreuz ist jetzt nicht mehr der König mit Königskrone und Gewand, sondern der nackte, gefolterte und leidende Gottessohn mit Dornenkrone und blutenden Wunden.

In diesem leidenden und sterbenden Jesus am Kreuz wird die eigentliche und größte Wandlung überhaupt sichtbar, nämlich die Wandlung vom Gottessohn zum Menschensohn. Gott wird Mensch und teilt das Leben der Menschen bis zum Tod, der durch die Auferstehung Jesu für immer überwunden ist. Das feiern wir in jeder Eucharistie, wenn wir Brot und Wein bringen und als Leib und Blut Christi empfangen.

 

Wie können wir diese großartige Wandlung heute leben und sichtbar machen? Sicher bauen wir keine Kathedralen mehr und große Fronleichnamsprozessionen werden eher weniger.

Wie geht Wandlung im Leben der Gemeinschaft der Glaubenden, die wir Kirche nennen, und wie in unserem Leben? Dass unsere Kirchen eine Wandlung, eine innere Transformation benötigen, ist längst mehr als offensichtlich. „Dieser Wandlungsprozess gelingt selten von oben nach unten, sondern wir gehen gemeinsam auf eine Reise, wir experimentieren, wir schaffen neue Erfahrungsräume, wir lernen im Gehen in die Zukunft und irren uns empor. Dabei akzeptieren wir Unsicherheit, sehen Korrekturen und Anpassungen nicht als Versagen, sondern als etwas Natürliches“ (H. A. Wüthrich). Dafür brauchen wir ein hörendes Herz, einen offenen Blick und eine großzügige Hand. Lernen wir dabei von Jesus, wie er den Menschen seiner Zeit begegnete, vor allem den armen und leidenden, wie er durch seine Zuwendung eine Wandlung für sie und in ihnen erwirkte, so dass Blinde wieder sehen, Lahme gehen und Tote auferstehen konnten.

 

Diese Hoffnung und Kraft der Wandlung feiern wir gemeinsam am kommenden Fronleichnamsfest, am Donnerstag, 30. Mai, um 11 Uhr in St. Joseph, beginnend bei schönem Wetter am Friedhofskreuz unter den Bäumen.

 

Michael Kramps, Pfarrgemeinderat