Im Nachklang zu dem Konzert hat ein Besucher (Peter Lümmen) eine Rezension geschrieben. Die Fotos sind von Kai Rothaupt.
Glanzvolles Chor- und Orgelkonzert in St. Clara
Unter der Leitung von Mario Linnerz fand am 12.11.2023 ein großartiges Konzert in der Stiftskirche St. Clara in Dortmund Hörde statt.
Das Programm stellte zwei Komponisten in den Vordergrund, Joseph Gabriel Rheinberger und Henri Mulet.
Rheinberger gilt als bedeutender Komponist im Bereich der geistlichen Chormusik der Romantik. Als Professor für Orgel und Komposition genoss er internationale Anerkennung.
Henri Mulet wirkte als Organist und Chorleiter im beginnenden zwanzigsten Jahrhundert. In der Tradition der französischen Romantik stehend – er war unter anderem Schüler von Charles Marie Widor – entwickelte er eine Farbigkeit, die Oliver Messiaen vorausahnen lässt.
Das klug gestaltete Programm setzte die Toccata „Tu es Petra“ aus den „Byzantinischen Skizzen“ von Henri Mulet an den Anfang. Wuchtige Klänge der Orgel erfüllten den Kirchenraum. Kaskadenartig sprudelten die virtuosen Läufe, brillant vorgetragen von Simon Daubhäußer, der an der Orgel alle Register zog. Eine wirkungsvolle Eröffnung des Konzertes.
Der Projektchor St. Clara stimmte nun a cappella den Choral „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ von Felix Mendelssohn Bartholdy an. In großen Linien und ruhiger Phrasierung ließ der Chor die Musik atmen, sehr intonationssicher und mit klarer Artikulation. Chorleiter Mario Linnerz hat das Projektensemble in der Vorbereitungszeit zu einem homogenen, dabei aber transparent klingenden Chor geformt, eine beeindruckende Leistung. Seine Interpretation nah am Text klang nie trocken, sondern ließ der Musik Raum, sich zu entfalten, sehr emotional mit großer Wirkung.
Die Orgel unterstützte den Chor bei der Gestaltung der großen Messe in f op. 159 von Rheinberger, dem Hauptwerk des Konzertes. Unter der Leitung von Mario Linnerz gelang dem Chor, die jeweils charakteristischen Stimmungen der einzelnen Teile herauszuarbeiten, geheimnisvoll der Beginn des Kyries, beinahe fröhlich das Gloria. Sehr schön gelang die Festlichkeit des Sanctus. Die komplexe Stimmführung im Credo bewältigte der Chor mühelos. Besonders hervorzuheben ist die dynamische Gestaltungsfähigkeit des Chores. In beeindruckender Weise entwickelten sich Phrasierungsbögen und wurden Akzente gesetzt. Dabei fiel das sehr gut lesbare Dirigat von Herrn Linnerz ins Auge, der mit exakten Anweisungen seinen Chor durch die komplexen Strukturen des Werkes führte. Souverän und mit fordernder Gestik motivierte er seinen Chor zu Höchstleistungen. In Simon Daubhäußer hatte der Chor eine sichere und flexible Unterstützung.
Fast impressionistisch wirkten die Orgelwerke von Henri Mulet, farbig und französisch klang die Orgel in der Stiftskirche wie die Abbildung der Rosette aus der Basilika Sacré-Coeur, die dem Programm beilag. Pfarrer Matthias Boensmann gab hierzu einen geistlichen Impuls. Im Totenlied erweist Mulet seinem Kollegen Cesar Franck die Referenz und zitiert das Thema des zweiten Satzes aus seiner Symphonie d-moll.
Simon Daubhäußer stellte mit dem Präludium von Johann Sebastian Bach noch einmal seine Virtuosität unter Beweis. Technisch überragend bewältigte er dieses Meisterwerk, in dem Bach die Motive in Abwärtsbewegungen in die Tiefe stürzen lässt und im zweiten Teil nach einem ungeheuren Entwicklungsbogen die Musik auf einem spannungsvollen Akkord anhält, den Herr Daubhäußer wie einen Aufschrei in den Kirchenraum schickte, bevor er die Musik fortstürmen ließ.
Als wunderschönen Abschluss des Konzertes erklangen nun wieder zwei Kompositionen von Rheinberger, „Dextera Domine“ und das berühmte Abendlied, wohl eines der schönsten Chorwerke überhaupt. Hier zeigte sich erneut, mit welcher Präzision der Chor auf die Impulse von Mario Linnerz einging. Jedes Motiv, jede Phrase hatte eine schlüssige Gestaltung. Chorleiter Linnerz ging mit seiner Interpretation in die Tiefe und holte die Linien der Stimmführung gut hörbar ans Licht. Die dynamische Gestaltung war herausragend, brachte die Schönheit der Musik voll zur Geltung. Besonders hervorzuheben sind die klaren Einsätze der einzelnen Stimmen. Die kleine Besetzung als Kammerchor brachte die nötige Transparenz. Nach dem sechsstimmigen „Bleib bei uns“, wieder ausgezeichnet sauber und einfühlsam gesungen, gab es großen Applaus.
Man kann allen Mitwirkende zu diesem herausragenden Konzert beglückwünschen und hoffen, dass es ein nächstes Projekt mit gleicher Besetzung gibt.